Qash (Qas)
Infos
Kasachstan 2023
Sprache(OF): kazakh
Regie: Aisultan Seitov
Drehbuch: Ablay Nurmanbetov
Darsteller: Ondassyn Bessikbassov, Sultan Nurmuha, Yerkebulan Daiyrov
113 min
IMDb (english)
Kasachstan im ACUDkino
"„Qash“ (kasachisch für „Lauf!“) – laut Programmheft des FilmFestival Cottbus ein „historischer Horrortrip in der kasachischen Steppe“ – spielt im Jahr 1931 vor dem Hintergrund der großen Hungersnot in der Sowjetunion. Im Westen ist diese hauptsächlich unter ihrem ukrainischen Namen „Holodomor“ geläufig. Weit weniger bekannt ist, dass Kasachstan von der auf Kasachisch „Asharshylyq“ genannten Katastrophe als erstes betroffen war.
Laut der Historikerin Sarah Cameron führte die erzwungene Sesshaftmachung und die Beschlagnahmung von Vieh zum Tod von mehr als einem Viertel der kasachischen Bevölkerung. Schätzungen gehen von 1,5 bis 2,1 Millionen Toten aus. Zu dieser Zahl kommen noch die 1 bis 2 Millionen Kasach:innen, die vor Hunger flohen.
Inmitten dieser Hungersnot ist Isataı zum Totengräber seines Auyls geworden. In einer Truhe in seiner Jurte versteckt er seinen 8-jährigen Bruder Álim, um diesen zu schützen – allzu gut weiß er, dass gerade die Schwächsten leicht Opfer von Kannibalismus werden.
Als einer der wenigen, die den Weg in die nächstgelegene Stadt Sarqant kennen, wird Isataı von der Sowjetmacht seines Auyls auserkoren, um ein Bittgesuch für bessere Lebensmittelversorgung zu überbringen. Zwar sträubt er sich dagegen, allerdings lässt der ältere Magaı ihn wissen, dass er Álim in Sarqant in ein Waisenhaus geben kann, wo der Junge vor dem wahrscheinlichen Tod durch Hunger oder Mord sicher sei.
In Begleitung eines russischen Soldaten und mit Álim im Wagen versteckt, macht sich Isataı auf den Weg. Doch bereits in der ersten Nacht wird die Gruppe von Räubern überfallen. Der Soldat flieht, Isataı und Álim bringen sich mit Hilfe des aus dem nichts aufgetauchten, einäugigen Alten Tepe in Sicherheit, verlieren aber die Orientierung in der endlosen Steppe. Tepe, der vorgibt auch nach Sarqant zu reisen und den Weg zu kennen, führt die beiden an. Doch schon bald verliert Isataı das Vertrauen in Tepe und der Horrortrip beginnt.
Mit großartigen Landschaftsaufnahmen, stylischen Bildkompositionen und einem perfekten Auge fürs Detail zeigt Aısultan Seıt, was er beim Clip-making gelernt hat und schafft für „Qash“ eine ganz eigene, bedrückende Ästhetik. Insbesondere der Grauschleier, der über dem gesamten Film liegt, trägt dazu bei, distanziert aber auf der anderen Seite auch vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse.
Bemerkenswert ist außerdem, dass der Film vorrangig über das Visuelle funktioniert. Dialoge sind – wie Seıt selbst im Interview mit Esquire.kz hervorhebt – auf ein Minimum reduziert. Doch auch das virtuelle Spiel mit den Geräuschen und der Stille der Steppe tragen zur Atmosphäre von „Qash“ bei.
Darüber hinaus hinterlässt der Film Raum für Interpretationen, die ihm eine zusätzliche Tiefe verleihen. Dies betrifft vor allem die Figur des mystischen Tepe, der zwar vorgibt, den Weg zu kennen, letztendlich aber alle in die Irre führt. So stellte die Journalistin Galina Baıjanova im Gespräch mit Aısultan Seıt fest, dass Tepe sie an Kasachstans ersten Präsidenten Nursultan Nazarbaev erinnere – eine Parallele, die aber laut dem Regisseur nicht intendiert sei. Vielmehr weist er darauf hin, dass „Tepe eine Ableitung von Tepekoz ist, dem Namen des Zyklopen in der türkischen Mythologie. In dieser Geschichte haben wir also den alten Mythos des Zyklopen verschleiert, der zwei Brüdern eine Herde Widder wegnahm und sie zurückbrachte.“"
Robin Roth für Novastan
Aisultan Seit hat unter anderem den Best Director Award des Shanghai Film Festivals gewonnen.
Das Screening ist Teil der Einführungs-Vorlesung für das Master-Studium "Osteuropastudien" an der Freien Universität Berlin.
Plot: Soviet Kazakhstan, 1930s, a time marked by Stalin's rapid collectivization of farms and the most brutal famine the modern world had ever seen. Local gravedigger, Isatay, must face a difficult choice.