Harald Naegeli - Der Sprayer von Zürich

Infos

Schweiz, Deutschland 2021
Sprachen(OF): deutsch, schweizerdeutsch
Regie: Nathalie David
Drehbuch: Nathalie David
Darsteller: Harald Naegeli
97 min

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IMDb (english)

Berliner Kinostart

"Harald Naegeli, der „Sprayer von Zürich“ genannt, sprayte 1977 seine ersten Strichmännchen an die Betonwände von Zürich. Der inzwischen 81jährige gilt seitdem als Vorläufer der Street Art.
Bis heute spaltet der Junggebliebene mit verschmitztem Humor die öffentliche Meinung: Macht er Kunst oder handelt es sich bei seinen Graffiti um Sachbeschädigung? Von seiner freigeistigen und systemkritischen Haltung hat Naegeli freilich auch im Alter nichts eingebüßt. Das zeigt eindringlich das feinfühlige Porträt von Regisseurin Nathalie David.
Wenn am Ende die wunderbare Ballade von Sophie Hunger erklingt und der charismatische Künstler mit seinem spitzbübischen Humor in einer Tiefgarage zur Tat schreitet ist dieser berührende Moment der schlichte Höhepunkt der Doku.
Ein hellsichtiges Kinoerlebnis, gerade in Corona-Zeiten." programmkino.de

Seit 1977 zeichnet ein Mann, Sohn der Zürcher Grossbourgeoisie, nachts auf die kargen Betonmauern seiner Stadt und wird deswegen regelmässig angezeigt. Er revoltiert gegen das saubere, spiessige und reiche Zürich. Gegen Umweltverschmutzung, Chemiekonzerne, Kreuzfahrtschiffe, Massentierhaltung. 1979 wird er ertappt. Der Mann heisst Harald Oskar Naegeli. Er ist 39 Jahre alt.

1982 flieht er ins Asyl nach Düsseldorf. Hier unterstützen ihn Künstler und Politiker wie Joseph Beuys und Willy Brandt. 1984 stellt er sich freiwillig der Schweizer Justiz. Ein Prozess, vier Monate Hochsicherheitstrakt in Winterthur, zwei Monate offener Vollzug und Geldstrafen sind die Folge.
Er lebt und arbeitet fortan zwischen Zürich und Düsseldorf, verlegt jedoch 2019 seinen Lebensmittelpunkt wieder ganz nach Zürich, nicht ohne zuvor in Düsseldorf erneut vor Gericht zu stehen.
Auf Düsseldorfer Wänden hinterlässt er Flamingos und Striche der Utopie. Sein seit Jahrzehnten gehegter Traum steht kurz vor der Vollendung: ein «Totentanz» in den beiden Türmen des Zürcher Grossmünsters. Jedoch greift das Bauamt ein und streitet mit ihm um ein paar Zentimeter. Das Kunstwerk bleibt unvollendet.

Der Corona-Totentanz beginnt weltweit um sich zu greifen. Naegeli, nunmehr 82 Jahre alt, geht wieder auf die Strasse, er selbst kämpft gegen Krebs. Der Totentanz ist auch sein eigener und der der Politik. Die Stadt Zürich verleiht ihm 2020 den Grossen Kunstpreis für sein Lebenswerk, während der Kanton ihn verklagt. Naegeli, der Urvater der Graffiti-Kunst, polarisiert bis heute.

Abstrakt, utopisch und frei sind seine Arbeiten. Naegeli selbst genauso. Er wird sich von dieser Welt verabschieden, wenn er soweit ist. Nicht verblassen, wie seine Arbeiten, aktiv Schluss machen.
Der Film zeichnet den Werdegang eines vielseitigen, amüsanten Menschen nach, dessen Schaffen weit über die Street Art hinausgeht.
Sein künstlerischer Ansatz sowie seine politisch-philosophischen Positionen sind höchstaktuell und anregend. Der Film ist Naegelis Testament und eine Hommage an den Utopisten.

Weltpremiere: Zürich Film Festival 2021
Deutschlandpremiere: Filmfest Hamburg 2021