Galina Krasnoborova «Insomnia», «9 Forgotten Songs», «Mari Prayer», «Old Women»
russisch dok #21
Im Rahmen unserer Filmreihe RUSSISCH DOK zeigen wir 1x im Monat aktuelle Dokumentarfilme russischsprachiger FilmemacherInnen.
RUSSISCH DOK präsentiert Filme, die man sonst in Deutschland nicht im Kino zu sehen bekommt, da sie (noch) keinen internationalen Verleih haben. Die Filme werden in russischer Originalversion mit englischen oder deutschen Untertiteln vorgeführt.
Программа документального кино русскоязычных творцов. Ежемесячно в избранных кинотеатраx
в русском оригинале с англ. субтитрами
--- Galina Krasnoborova ist anwesend -
«Insomnia», «9 Forgotten Songs», «Mari Prayer», «Old Women»
Leben und Kultur des aussterbenden Volkes der Komi-Permiaken.
---> Bessonitsa/Schlaflosigkeit
VGIK, 2007, 13 Min., 35 mm
Autorin, Regie: Galina Krasnoborova, Kamera: Anton Isaev, Ton: Varvara Belous, Protagonisten: Dmitrij Shagin, Natalia Pivovarova, Andrei Kuznetsov, Miroslava Koshtura
Filmskizze über die Stadt, die nicht in den Weißen Nächten nicht einschlafen kann. Petersburg und seine Geister.
---> Devyat' zabytykh pesen/ Neun vergessene Lieder
VGIK 2008, 20 Min., 35 mm, Regie: Galina Krasnoborova, Kamera: Oksana Grachiova, Ton: Elena Titova
Eine filmische Parabel über die Komi-Permiaken, das Volk das scheinbar vor unseren Augen seine traditionelle, jahrhundertealte Kultur verliert, und seine unsterbliche Seele, die in den Volksliedern weiterlebt.
Marijskaia molitva/Mari-Gebet
---> Novyj kurs, 2011, 26 Min.
Der Film handelt von Weltanschauung, Poesie und Philosophie der Mari, die in der Permer Region leben. Alte Volkslieder und Gebete kann man nur hier hören, am Ufer des Flusses Sylva.
«Mari-Gebet» verbindet die untere, mittlere und obere Welt, verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Volkes. Es wird gerichtet an Sonne, Wasser, Bäume, Vorfahren…. Das Gebet schützt, rettet, gibt offnung… Was passiert, wenn es nicht mehr erklingt?
---> Starukhi/Alte Frauen
Novyj kurs, 2015, 25 Min.
Fröhliche alte Frauen mit traurigen Augen erzählen von ihrem schwierigen Leben – von Kindern, Krankheiten, Männern und Lieblingsliedern. Der Film in extremen Nahaufnahmen, zeichnet das Porträt von vier Sängerinnen aus dem fernen Dorf der Komi-Permiaken.
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=DXpLsWAvDeU
Galina Krasnoborova
* 1979 in Perm, Regisseurin, Mitglied der Filmunion und der Regisseurs-Gilde
1998-2003 Studium der Philologie, Abschluß mit Auszeichnung
2003-2008 Studium des Dokumentarfilms am VGIK (Klasse Miroshnichenko), Abschluß mit Auszeichnung
2000-2003 Wissenschaftliche Feldforschung zu traditioneller Kultur der Komi und Mari in Dörfern der Permer Region am Laboratorium für kulturelle und visuelle Anthropologie
2008/2009 Studium Filmakademie Baden-Württemberg
Die Regisseurin lebt in Perm und Petersburg
Filmografie:
«Znaki/Zeichen» 2004, 5 Min.
«Zemlya/Erde» 2004, 35 mm, 5 Min.
«Pro babochek i…/Über Schmetterlinge und...» 2004, 13 Min.
«Malen'kaia Moskovskaia doroga/KleineMoskauer Straße» 2005, RUS/NL, 26 Min.
«Sledy/Spuren» RUS/PL (mit Georgij Molodtsov), 2006, 26 Min.
«Bessonitsa/Schlaflosigkeit», 2007, 35mm, 15 Min.
27. IFF «Hl. Anna», VGIK-Studentenfilmfestival:
- Preis der Studentenjury
- Diplom «Für die Schaffung einer Figur im Dokfilm»
- Preis «Für kreative Suche nach dem Sinn von Film» von «Kinovedcheskie zapiski»
Festival Frame Contest: Bester Dokfilm, Italien 2009
Preis der Zeitschrift «Seans» beim IFF “Message to Man”, Petersburg 2008
«Devyat' zabytykh pesen/Neun vergessene Lieder» 2008, 35 mm, 20 Min.
Grand Prix, Festival Russian Documentary Film, New York 2009
Bestes Dokfilm Debüt IFF «Stalker», Moskau 2009
Sonderpreis «Für Talent», IFF «Saratov Sufferings», Saratov, 2008
Bester Dokfilm – 28. VGIK Festival IFF «Hl. Anna», Moskau 2009
Lobende Erwähnung der Intl. Jury - 28. VGIK Festival IFF «Hl. Anna», Moskau 2009
Bester Dokfilm «Kinoletopis», Ukraine 2009
Bester Dokfilm, Grand Prix «Gold frame», IFF «Nevidannoe kino», Maardu (EE) 2009
Bester Dokfilm, Studenten-WB IFF GoEast, Wiesbaden 2010
Zwei Nominierungen für den nationalen Filmpreis «Lorbeerzweig», Russia 2008
Festivals:
IFF Dok Leipzig 2008
49 IFF Krakau, Polen 2009
Vision du reel, Nyon, Schweiz 2009
IFF Margaret Mead, New York City, USA 2009
«Prizrak chernoi smerti/Das Gespenst des schwarzen Todes», TV-Film für RTR, 2009, 45 Min.
«Nicolae Ceauşescu. Smertel'nyj potselui rodiny/Nicolae Ceauşescu.
Der Todeskuss der Heimat», TV-Film für RTR, 2009, 44 Min.
«Vodovorot/Wasserstrudel» 2010, 40 Min.
«Marijskaia molitva/Mari-Gebet» 2011, 26 Min.
«Mezhdu chiornoi i krasnoi zemlioi/Zwischen schwarzer und roter
Erde», Spielfilm 2014, 72 Min.
«Lov/Seele», 2014, 26 Min.
«Starukhi/Alte Frauen», 2015, 25 Min.
- IDFA
Artdokfest
Flahertiana
TiranaIFF
Presse:
«Neun vergessene Lieder»
Eine unendliche Schneelandschaft im Norden Russlands. Ein wehmütiges Lied erklingt. Ein Mann steht in seiner Tracht zwischen zwei Bäumen und singt in einer unbekannten Sprache.
Ein anscheinend verlassenes Holzhaus mit einem dunklen, leeren Raum. Eine alte Wiege schaukelt unter der Decke - eine weitere Melodie ist zu hören – aus weiter Ferne das Weinen eines Säuglings. Vom Leben gezeichnete herbe Gesichter von Frauen und Männern, ihre Münder sagen monoton Vornamen – und immer wieder die ungewöhnlichen Gesänge. Die Kamera ruht auf Fotografien längst vergangener Zeiten: ein Soldat vor russischer Flagge, daneben ein Jesusbild.
Die junge russische Regisseurin Galina Krasnoborova setzt mit ihren kontrastreich in Schwarz-Weiß gedrehten Filmen einer nicht russisch sprechenden Minderheit ein Denkmal: den Komi-Permiaken im nördlichen Ural. Die Komi-Permiaken wurden im 15. Jahrhundert ‹russifiziert›.
1925 wurde Komi die einzige territoriale Autonomie in Russland, in der ein finno-ugrisches Volk die ethnische Mehrheit bildete. 2005 wurde die Autonomie aufgehoben. Deren aussterbende Kultur filmisch festzuhalten, ist ihr erklärtes Ziel. Und ohne Kommentare oder Interviews, nur durch ihre filmische Sprache inszeniert sie beeindruckende Bilder von Verlust und Vergessen.
http://www.city46.de/archiv/oktober-2014-uebersicht/osteuropa.html
«Neun vergessene Lieder» - ein Film von Galina Krasnoborova
Vor sechs Jahren sah ich zum ersten Mal ihren Film «Neun vergessene Lieder» im VGIK. Der Film beeindruckte stark durch die von Bewohnern des Komi-Permiaken Bezirks gesungenen alten Lieder. Das Bild des aussterbenden Dorfes, in dem ebensolche Menschen leben, nur wahrhaftiger als wir. Sie glauben an die Geister der Verstorbenen, die ihre Verwandten verfluchen können, wenn diese das Gedenken an sie nicht rechtzeitig begehen. Die Axt wird an ein Seil an der Decke gebunden und geschwungen. Über wem die Axt stehenbleibt, dessen Vorfahren schicken Verderben. Ich konnte nicht alle Feinheiten verstehen, doch der Film hat sich in mein Unterbewusstsein geschoben.
«Neun vergessene Lieder»
Dieser Dokumentarfilm über ein komi-permiakisches Dorf, ist ein experimentelles Werk, dessen Genre sich nur schwer bestimmen lässt. Es gibt Personen, auch wenn der Handlungsort ein verlassenes Haus ist, es gibt eine Geschichte und dramaturgische Entwicklung, auch wenn der Protagonist ein Geist ist.
Der Geist ist mächtig und zeitlos, und lebt in den Volksliedern und lyrischen Gedichten eines Bewohners. Der erschreckende und unberechenbare Geist versteckt sich unter dem Schnee und wird herausgelockt durch die Namen der verstorbenen Verwandten. Der Geist ist fröhlich und wehrlos wie ein Kind, er lächelt aus den faltenbedeckten Gesichtern und sogar aus Gagarins Portrait, das irgendjemand irgendwann auf einem alten Tisch vergessen hat.
Interviews, Ereignisse, Erklärungen und allgemeine Informationen sind auf ein Minimum reduziert, die Hauptkomponenten des Film sind einwandfrei erstellt und angefüllt mit starker Bild- wie auch Tonsprache. Viele Klänge, die zu einem einzigen Monolog verschmelzen, in dem Wörter nur Silben oder Noten sind, die an sich keinen Sinn haben, doch angefüllt sind mit Wissen, vergangen in einem dämmernden Altertum und dem Urbeginn.
Ungeachtet all dieser Gedanken wird der Film nicht zur Geisel seiner eigenen Idee, wie es in vergleichbaren Fällen häufig passiert, sondern hat eine ziemlich klare Bedeutung. Kümmern Sie sich jedoch nicht um Formulierungen und nehmen sie das Geschehen auf der Leinwand nicht zu wörtlich.
«Neun vergessene Lieder»
ist ein kurzer Dokumentarfilm über das Leben des kleinen Volkes der Komi-Permiaken, das in einer der Regionen Russlands langsam ausstirbt. Weder Bericht noch Kommentar – ist er eher poetischer als informativer Natur. Er zeigt, ganz klar, wie sie sind – diese Menschen, und aus diesen Bildern erscheint vage ein wirklich großer Kontext; am Ende, wenn alle Teile sichtbar werden (ähnlich wie die Anhäufung kritischer Masse), Sie begreifen das Gesamtbild dieser traurigen Geschichte in einem heftigen Ruck.
Der Film ist in mehrere relative Kapitel unterteilt, von denen jedes eine Art Lied enthält das von jemand aus dem Ort gesungen wird. Die Kameraarbeit ist absolut erstaunlich, wie auch der Ton. Nun, der Nachgeschmack dieses Filmes fühlt sich wirklich rundum gut an – ich denke, es sinkt mit der Zeit in dich ein. Ihn zu sehen war nicht so überwältigend – schließlich gibt es die ganze Zeit über wenig bis gar keine Handlung, was natürlich durch die Palette anderer Ausdrucksformen ausgeglichen wird, aber immer noch wenig direkte Wirkung erzeugt.
Alles in allem, ist es ein wundervolles Kunstwerk, und auch eine sehr angenehme Erfahrung.
https://shoomow.wordpress.com/2017/02/09/nine-forgotten-songs-devyat-zabytykh-pesen-galina-krasnoborova-
2008/
Mari-Gebet
Dieser Film ist der aussterbenden Sprache der Mari gewidmet. Doch das Volk lebt ja nicht ohne Sprache, daher haben die Autoren das Thema breiter angelegt: «Unser Film handelt von Weltanschauung, Poesie und Philosophie der Mari, die in der Permer Region leben», sagen die Filmemacher.
Nichtgewerbliches Abspiel - Einheitspreis € 2,50. | вход: € 2,50