Schlachthof 5
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Zum Tod von Kurt Vonnegut
George Roy Hill hat den Antikriegsroman "Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug" von Kurt Vonnegut kongenial verfilmt.
Der Protagonist Billy Pilgrim (deutsch: Pilger!) flieht vor den grauenvollen Erinnerungen, die ihn fortwährend heimsuchen, in eine Science-Fiction-Welt. Aber das gelingt ihm nicht durchgängig. Die Bilder in seinem Kopf folgen einander assoziativ, sprunghaft und ohne zeitlichen Zusammenhang. Dementsprechend ist der Film "Schlachthof 5" ebenso wie die literarische Vorlage eine schrille, wirre Collage aus Fragmenten, die zu verschiedenen Zeitebenen und Handlungssträngen gehören.
Im Winter 1944/45 gerät der naive US-Soldat Billy Pilgrim in deutsche Kriegsgefangenschaft und wird zusammen mit anderen Amerikanern – darunter der väterliche Edgar Derby und der streitsüchtige Paul Lazzaro – im Viehwaggon nach Dresden transportiert, wo die Deutschen im Keller eines stillgelegten Schlachthofs ein provisorisches Lager eingerichtet haben: "Schlachthof 5". Dort sind sie eingesperrt, während tausend amerikanische und britische Bomber am 13./14. Februar 1945 die Stadt zerstören.
Billy Pilgrim bleibt in dem Inferno äußerlich unverletzt. Nach dem Krieg kehrt er in seine Heimatstadt Illium, New York, zurück, wo er als erfolgreicher Optometriker viel Geld verdient. Als er sich mit seinem Schwiegervater Lionel Merble in ein Flugzeug setzt, um eine Geschäftsreise anzutreten, sieht er plötzlich voraus, dass die Maschine in fünfundzwanzig Minuten abstürzen wird. Er warnt die Piloten, doch alle an Bord halten ihn für verrückt – bis das Ereignis eintritt. Billy wird von den Rettungsmannschaften, die zwischen den Toten und Trümmern an der Aufschlagstelle nach Überlebenden suchen, schwer verletzt gefunden. Als seine Frau Valencia aufgeregt mit dem Auto zum Krankenhaus rast, verursacht sie eine ganze Reihe von Verkehrsunfällen und kommt dabei um.
Die Amerikaner führen inzwischen Krieg in Vietnam, und Billys Sohn Robert muss dort kämpfen.
Roberts Schwester Barbara und deren Ehemann Stanley machen sich Sorgen um Billy, denn seit seinen traumatischen Erlebnissen hat er seine Erinnerungen nicht mehr unter Kontrolle. Die Bilder in seinem Kopf folgen einander assoziativ, sprunghaft und ohne zeitlichen Zusammenhang. Wenn sie zu quälend werden, flüchtet er sich in eine Science-Fiction-Welt auf dem extragalaktischen Planeten Trafalmadore. Er bildet sich ein, dort mit der vom Pool ihres Produzenten entführten und deshalb nur mit einem Bikini-Höschen bekleideten Hollywood-Schauspielerin Montana Wildhack in einer Glaskuppel eingesperrt zu sein. Verlassen können sie ihr Gefängnis nicht, denn die Atmosphäre auf dem Trafalmadore ist hochgiftig. Das Menschenpaar wird von Aliens neugierig beobachtet ("haben Sie sich jetzt gepaart?"), doch ihrerseits können Billy und Montana die vierdimensionalen Wesen nur hören, nicht sehen. Obwohl die Außerirdischen zwischen Zukunft und Vergangenheit hin- und herwechseln, sind sie nicht imstande, in das Geschehen einzugreifen und es zu verändern. Damit haben sie sich längst abgefunden: "Ich habe einunddreißig bewohnte Planeten im Weltall besucht und die Berichte über weitere hundert studiert", berichtet einer der Trafalmadore-Bewohner. "Nur auf der Erde wird von freiem Willen geredet."
Obwohl Billy im Voraus weiß, dass er am Ende einer Veranstaltung in Philadelphia ermordet wird, hält er wie vorgesehen seinen Vortrag und wartet dann auf der Bühne mit dem Fatalismus der Trafalmadore-Bewohner auf den tödlichen Schuss von Paul Lazzaro, der immer noch glaubt, Billy habe im Krieg einen seiner Kameraden getötet. / Dieter Wunderlich 2006
zu Kurt Vonnegut:
NEW YORK (dpa) Als habe er geahnt, dass seine Zeit abläuft, zog Kurt Vonnegut im letzten Jahr noch einmal alle Register. In "Mann ohne Land" attackierte der Kultschriftsteller das Weiße Haus, den Irak-Krieg und die Umweltzerstörung so massiv, als wolle er seine Worte nie verhallen lassen. Jetzt ist Vonneguts Stunde gekommen. Der deutschstämmige Amerikaner erlag am 11.04.07 in New York im Alter von 84 Jahren den Folgen einer bei einem Sturz erlittenen Hirnverletzung, berichtete die "New York Times".
"Das allerletzte, was ich jemals wollte, war am Leben zu sein, wenn die drei mächtigsten Menschen auf dem Planeten Bush, Dick und Colin heißen", begehrte Kurt Vonnegut in seinem letzten Buch von 2006 auf.
Mit seinem Bestseller "Schlachthof 5" hatte Vonnegut schon in den 60er Jahren die Erinnerung an eines der düstersten Kapitel in der Geschichte Amerikas wachgerufen, die Luftangriffe der Alliierten auf Dresden im Jahr 1945. Das Buch wurde zur Bibel der Vietnamkriegsgegner.
Kaum ein anderes Buch hat große Teile der amerikanischen Jugend derartig fasziniert. Was die Jugend neben seiner konsequent pazifistischen Haltung ansprach, war der außergewöhnliche, an die Pop Art erinnernde Stil. Er findet sich in allen seiner 14 Romane wieder. Vonnegut hat immer wieder Zitate und halb ausgearbeitete Sätze, rein erzählerische Elemente, Dokumentenauszüge, Liedzeilen, Witze sowie viele Sex-Szenen gemischt - und dann mit seinem atemberaubenden Zynismus gewürzt. Schockieren, um auf den alltäglichen Wahnsinn aufmerksam zu machen - diese Methode hat der Autor perfektioniert. / Allgemeine Zeitung
1972, 95 Min, engl. OF, R: George Roy, Mit: Michael Sacks, Ron Leibman, Eugene Roche, Sharon Gans, Valerie Perrine u.a.