Rauchzeichen

Vorstellungen vom 16.11.2006 bis zum 06.12.2006.

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Erstaufführung

Jonathan „Joe“ Fischer, ein Mann, zu cool und ungebremst für sein Alter von fast 60, kommt nach 14 Jahren freiwilligen Exils aus den USA zurück, um seine Exfrau zu besuchen.
Sein Flieger landet auf einem Flughafen in Sardinien. Als er auf dem Gelände der Pension, die seine Exfrau betreibt, ankommt, inmitten von Olivenhainen, weitab vom Trubel der Welt, ist diese nicht da. Die seltsam misstrauischen Bewohner der Siedlung, die er vorfindet, signalisieren ihm, dass er hier unerwünscht ist. Aber Joe lässt sich nicht unterkriegen. Als ihm endlich die zweite Chefin des Hauses, Annabella vorgestellt wird, ist Jonathan sofort hingerissen von ihr und benutzt seinen Charme, um das ersehnte Zimmer zu bekommen. Noch bevor er seine Exfrau wiedersieht, hat sich Joe Hals über Kopf in Annabella verliebt und sogleich deren Herz gewonnen. Die erstaunte Isabella, endlich zurück, wird vor vollendete Tatsachen gestellt.

Aus den zwei bis drei Tagen, die Joe vorhatte zu bleiben wird eine unendliche undwahnsinnige Liebesgeschichte mit Annabella. Für sie macht er sich an die Arbeit, das riesige, verwilderte Anwesen durch einen großen Teich zu verschönern. Aber das Geschehen der Welt fällt auf unerwartete Weise in dieses paradiesische Dasein ein. Ein Gott bringt sich um, und eine Prinzessin wird erschossen. Polizisten durchkämmen das Anwesen. Bauarbeiter mit Baggern und Lastwagen beginnen mit der Arbeit am Teich. Isabella und Annabella beschliessen, den Toten auf dem Grunde des frisch ausgebaggerten Teiches eine letzte Ruhestätte zu geben.
Später, wenn der Teich voll Wasser ist, werden sich auf seiner Oberfläche der Mond und die ihn umgebenden Felsen spiegeln, während Annabella und Jonathan auf einem Boot ihre Hochzeit feiern.

Eigentlich wollte Regisseur Rudolf Thome, einer der letzten noch aktiven Autorenfilmer aus der Blütezeit des Neuen Deutschen Films, seinen 24. Spielfilm bereits ein Jahr zuvor drehen. Doch wegen einer Erkrankung musste Thome die bereits geplanten Dreharbeiten kurzfristig abblasen, was ihn nach eigenen Angaben 80.000 Euro kostete. Zur endgültigen Realisierung von „Rauchzeichen“ musste Thome, der seine Filme stets auch selbst produziert, schweren Herzens die Rechte an einigen seiner „Klassiker“ wie „Berlin Chamissoplatz“ (1980) und „System ohne Schatten“ (1982) veräußern. Eine lohnende Morgengabe, denn mit „Rauchzeichen“ ist Thome (Jahrgang 1939) einer seiner phantasie- und stimmungsvollsten Filme gelungen, der zusätzlich durch die Auswahl des mediterranen Schauplatzes – eine entlegene Ferienpension auf Sardinien – geeignet ist, ein breiteres Publikum anzusprechen.
Nach „Frau fährt, Mann schläft“ (2003) spielen Hannelore Elsner und Karl Kranzkowski wieder ein Paar, diesmal allerdings eines, das sich gerade erst unter südlicher Sonne kennen- und alsbald lieben lernt. Willig ergeben sich beide Individualisten ihrer Leidenschaft, die als willkommene Verjüngungskur genossen wird. Wie schon in „Paradiso“ (1999) versammelt Thome inmitten eines idyllischen Umfelds ein Figurenensemble, das seine kulturellen, Generations- und Geschlechterunterschiede durch die gemeinsame Freude an irdischen Genüssen überwindet. Man liebt und streitet sich, flirtet, angelt, kocht, pflanzt Olivenbäume, lässt große Teiche anlegen und zitiert mit Hingabe Hölderlin-Gedichte.
Doch diesmal täuscht die Weltabgeschiedenheit: Auf die aktuellen Terrorismusdebatten reagiert Thome mit für seine Verhältnisse tragischen und actionreichen Handlungselementen. Doch letztlich kann die Gewalt die ländliche Idylle nur vorübergehend trüben, denn bei Thome siegen die Lust aufs Leben, die Liebe und die Ästhetik über die Profanität des Todes.Max-Peter Heyne, in FILMSTART 11/06

D 2006, 123 Min. R: Rudolf Thome, Mit: Hannelore Elsner, Karl Kranzkowski, Adriana Altaras, Serpil Turhan u.a.