Auf der anderen Seite

Vorstellungen vom 27.12.2007 bis zum 20.02.2008.

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"In Auf der anderen Seite / The Edge of Heaven geht es um den aus der Türkei stammenden Germanistikprofessor Ne, der sich um seinen in Bremen lebenden, verwitweten Vater Ali kümmert.
Der hat das Alleinsein satt und bittet die Prostituierte Yeter bei ihm einzuziehen. Eines Nachts kommt es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung, als der betrunkene Ali sich Yeter nähern will und diese ihn zurückweist. Der alte Mann gerät außer sich und schlägt die Frau, die unglücklich fällt und an den Folgen des Sturzes stirbt. Ali wird festgenommen, verurteilt und später in die Türkei abgeschoben. Nejat fühlt sich verantwortlich und macht sich in Istanbul auf die Suche nach Yeters Tochter Ayten, die zu einer politischen Widerstandsgruppe gehört.
Um den Nachstellungen der türkischen Polizei zu entgehen, flüchtet Ayten nach Deutschland und verliebt sich dort in die politisch aktive Studentin Lotte, die bei ihrer Mutter Susanne lebt. Als Ayten in die Türkei abgeschoben wird, folgt Lotte ihrer Freundin, um sie zu unterstützen. Abermals kommt es zu einem tragischen Unglück…

Sechs Menschen, deren Schicksale sich überlappen, kreuzen und zwischen der Türkei und Deutschland miteinander verweben – solch eine Plotkonstruktion kann leicht überladen und statisch wirken, doch allem Anschein nach ist Fatih Akin dieser schwierigen Aufgabenstellung bestens gewachsen: „[..]
Akin versteht nicht nur, eine Geschichte mitreißend zu erzählen, er hat auch ein gutes Gefühl dafür, wie sich Menschen selbst in Ausnahmesituationen einfach normal menschlich verhalten können. Der positive Wärmestrom, der von dem Film ausgeht, muss keine Abwehrreflexe auslösen, man kann das Leben auch mal von dieser Seite zeigen“,
Was in allen Besprechungen deutlich zum Ausdruck kommt ist die Feststellung, dass Fatih Akins neuer Film ganz anders geworden ist, als man das nach Gegen die Wand erwarten konnte – deutlich ruhiger, sehr nachdenklich. Doch vielleicht ist ja gerade das das wirklich Schöne an Auf der anderen Seite / The Edge of Heaven – dass der gerade mal 33 Jahre alte Regisseur sich einerseits treu bleibt in seinen Themen, die seine Persönlichkeit widerspiegeln, und dass er andererseits verschiedene Tonarten beherrscht und es versteht, aus jedem Film ein vollkommen eigenständiges und doch typisches Kunstwerk zu formen. Darin besteht die große Meisterschaft Akins, und sie macht ihn zu einem der bedeutendsten jungen europäischen Filmemacher

Fatih Akins »Auf der anderen Seite« ist ein heller Film über den Tod.

Manchmal ist ein Film zunächst einmal eine Stimmung. Oder auch eine Stille. In Fatih Akins Auf der anderen Seite begegnet man jener seltsamen Stille, die nach dem Tod eines nahen Menschen entsteht. Die Welt dreht sich weiter, die Autos fahren, die Fliegen summen, die Leute gehen zur Arbeit, alles wirkt zugleich bekannt und fern, klar und doch gedämpft. Für eine Weile bewegt sich das Dasein in einem anderen Modus. Es ist der Modus des Verschwindens und der Vergänglichkeit, der alles in ein entrücktes Licht taucht und das Leben plötzlich kostbar und zerbrechlich erscheinen lässt.

Auf der anderen Seite beginnt mit einem Prolog, der auch das Ende des Films sein wird. Tod und Verlust, der Schmerz und seine Überwindung, all das ist also schon vorbei, bevor es für uns erzählt wird. Daher die losgelöste, man möchte fast sagen: weise Haltung dieses Films, der von seinen Geschehnissen nicht mehr überrumpelt wird.

Yeters Tod und Lottes Tod heißen die beiden ersten Kapitel. An ihren Enden gleitet jeweils ein Sarg vom Flugzeug auf ein Rollfeld, einmal in Istanbul, einmal in Hamburg. Zwei Särge, zwei Tote, zwei Geschichten, das ist die Symmetrie von Auf der anderen Seite. Und im Rückblick wirkt Akins Film tatsächlich wie eine Waage, die traurige und leichte, ergreifende und heitere Momente, eben die verschiedenen Gewichte einer Erzählung in schwereloser Balance hält.

Es geht um Schicksalsfäden, die ein Mensch hinterlässt
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Yeters Tod handelt von einem älteren Türken in Bremen, von seinem Sohn, einem Germanistikprofessor, und von einer türkischen Prostituierten namens Yeter. Der Alte »kauft« sich die Frau, bezahlt sie, damit sie bei ihm lebt. In einem Moment betrunkenen Jähzorns schlägt er sie, sodass sie unglücklich fällt und stirbt. In Lottes Tod flieht die türkische Politaktivistin Ayten von Istanbul nach Bremen. Vorübergehend findet sie bei der Studentin Lotte und deren Mutter Unterschlupf. Die jungen Frauen verlieben sich ineinander. Als Ayten in die Türkei abgeschoben wird, folgt Lotte ihr nach Istanbul – und wird dort durch Zufall von einem Straßenjungen erschossen.

D 2007, 122 Min., R: Fatih Akin, Mit: Nursel Köse, Baki Davrak, Nurgül Yesilçay, Hanna Schygulla, Tuncel Kurtiz