Barschel - Mord in Genf?
Infos
20. Todestag Uwe Barschel
"Was waren die wirklichen Hintergründe, die zum Tod Uwe Barschels führten?
Wer spielte welche Rolle, bevor Barschel am 11.10.87 um 12:43 Uhr tot in einer Badewanne des Hotels"Beau Rivage" in Genf aufgefunden wurde? Warum waren sämtliche Tatortfotos der Genfer Kripo unbrauchbar?
Starb der Ministerpräsident wirklich freiwillig oder war es ein kaltblütig geplanter Polit-Mord?
Der Filmemacher Otto Parzer will von seinem ehemaligen Zögling und jetzigen Erfolgsproduzenten Heinz Wittmeyer Geld für Verfilmung des "Waterkantgate"-Skandals herausschlagen, um die mysteriösen Hintergründe des Falles offen zu legen. Doch als Parzer Wittmeyer seine Entdeckungen präsentiert, bekommt es der Produzent mit der Angst zu tun..."
Kritik zur aktuellen NDR-Ausstrahlung:
Zimmer 317, Hotel „Beau Rivage“ in Genf: Was hier in der Nacht vom 10. auf den 11.Oktober 1987 geschah – und warum es geschah –, ist auch knapp 20 Jahre später eines der größten Mysterien der deutschen Nachkriegsgeschichte geblieben. Beendete der CDU-Politiker Uwe Barschel, gerade vom Amt des Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins zurückgetreten, sein Leben von eigener Hand? Wurde er auf seinen Wunsch hin in den Tod durch einen Sterbehelfer begleitet? Oder ist er doch das Opfer einer Mordintrige, weil er zu viel über Waffengeschäfte wusste und sogar selbst an ihnen beteiligt war? Jüngste Recherchen von Journalisten verschiedener Medien, aber auch Einschätzungen des Leitenden Staatsanwalts Heinrich Wille in Lübeck legen nun vor allem einen Schluss nahe: Ein Selbstmord war es nicht. Forderungen nach einem erneuten Aufrollen des Falls werden immer lauter.
Offizielle Todesursache: Medikamentenvergiftung
Offiziell sind die Ermittlungen seit 1998 beendet, der Abschlussbericht kam zu dem Ergebnis, dass es keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden gibt. Todesursache: Medikamentenvergiftung. Doch schon damals gab es sogar innerhalb der Staatsanwaltschaft Lübeck keine einhellige Beschlussfassung. Wille wollte nun in einem Buch seine gegenteilige Auffassung verbreiten, was ihm aber von seinem Dienstherrn untersagt wurde. Der Journalist Wolfgang Baentsch hat in seinem gerade erschienenen Buch „Der Doppelmord an Uwe Barschel“ (Herbig-Verlag) die Mordthese nach dreijähriger Recherche ebenso vertreten wie auch das ARD-Magazin „Report München“ in einem am Dienstag ausgestrahlten Beitrag, der sich allerdings vor allem auf die Erkenntnisse des Staatsanwalts Wille stützte. ´
In einer umfangreichen Dokumentation nähert sich nun auch der NDR dem Thema. Anknüpfend an den Ursprung der Affäre, die durch eine „Spiegel“-Vorabmeldung am 12. September 1987 – ein Tag vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein –, gehen die Autoren den drei Varianten Selbstmord, Sterbehilfe und Mord dezidiert nach – und kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass Barschel sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht allein in seinem Genfer Hotelzimmer getötet hat. Stephan Lamby, der für die ARD bereits zahlreiche Dokumentationen gedreht hat und den neuen Film gemeinsam mit NDR-Verantwortlichen am Dienstag in Hamburg vorstellte, hält die Sterbehilfe für die plausibelste Version, ohne die Mordvariante ausschließen zu wollen. Seine Forderung: „Die Staatsanwaltschaft muss neu ermitteln“ – abgesehen von den vielen Indizien schon allein deswegen, weil sich die Staatsanwälte untereinander selbst uneins sind und vor allem die Familie Barschel ein Anrecht auf Klärung habe. Mehr als 30 Zeitzeugen wurden befragt, darunter in einem allerdings vier Jahre alten Interview auch Altbundeskanzler Helmut Kohl. „Ich war damals überhaupt nicht der Meinung, dass Barschel möglicherweise ermordet worden sei. Heute bin ich der Meinung, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er ermordet wurde, größer ist, als dass es Selbstmord war“, so Kohl.
"Die Geschichte ist noch nicht erledigt"
Nachgezeichnet wird in der 45-minütigen Dokumentation die Zerrissenheit des karrierebewussten Barschel, der, aus bescheidenen Verhältnissen stammend, schon im Alter von 38 Jahren Ministerpräsident wurde und selbst davon ausging, einmal Bundeskanzler zu werden. Als ihm sein SPD-Herausforderer Björn Engholm (dem die Filmemacher mithilfe von Stasi-Protokollen nachzuweisen versuchen, schon ein halbes Jahr vor der „Spiegel“-Enthüllung von einer Intrige gegen ihn gewusst, aber aus taktischen Gründen geschwiegen zu haben) – zusehends gefährlich wurde, habe er sich des „Medienberaters“ Reiner Pfeiffer und dessen Intrigen gegen Engholm bedient. Nachdem das öffentlich geworden war und Barschel schließlich zurücktreten musste, sei einerseits seine Welt zusammengebrochen, andererseits sei er durch sein Wissen über Waffengeschäfte für andere gefährlich geworden. Schlagworte
Uwe Barschel SPD Björn Engholm Medien Mord Nach Ansicht der Filmautoren sind auch der Medikamentenmissbrauch und Barschels Kontakte in den Bereich Sterbehilfe nicht ausreichend ermittelt worden. „Die Geschichte ist noch nicht erledigt“, sagte NDR-Redakteur Hans-Jürgen Börner. Auch der Innenminister und der Ministerpräsident in Kiel müssten sich kümmern. Nach langem Schweigen meldete sich jetzt auch Barschels Helfer Pfeifer zu Wort, der jetzt von einer kleinen Rente in der Nähe von Bremen lebt. Er bedauere, dass er Barschel damals an SPD und „Spiegel“ verraten habe, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Es tut mir leid! Wenn ich gewusst hätte, dass dabei ein Mensch, ein Vater von vier Kindern, zu Tode kommen würde, hätte ich es mit Sicherheit nicht gemacht.“ Pfeiffer bekräftigte aber frühere Angaben: „Ich habe alles im Auftrag von Ministerpräsident Uwe Barschel gemacht“ – auch das ist mehr als strittig, wie so vieles in diesem Fall ohne Ende.
D 1993, 72 Min., R. Uwe Boll, Frank Lustig, Mit: Karl-Friedrich-Gerster, Michael Rasmussen, Bernd Rieser, Peter Schwab u.a.