Veranstaltungsreihe zur Meinungs- und Pressefreiheit

Whistle - Free Speech

Wie steht es derzeit um die Meinungs- und Pressefreiheit? Welche Entwicklungen lassen sich dabei über die letzten Jahren beobachten? Und welche Bedeutung haben diese Freiheiten für die Gesellschaft?
Diesem Thema wollen wir uns im September mit einer Reihe ausgewählter Filme widmen. In anschließenden Diskussionen mit Experten und engagierten Menschen, die sich auf unterschiedliche Weise mit diesem Thema beschäftigen, gehen wir diesen Fragen weiter nach.

Infolge der Anschläge vom 11. September 2001 kam es in den USA zu einer Machtverschiebung zugunsten des Präsidenten und der Geheimdienste.
Der Präsident erhielt das Recht, das Militär ohne Genehmigung und Wissen des Kongresses einzusetzen, und die CIA erhielt „außerordentliche Befugnisse“, einschließlich der „direkten Anwendung tödlicher Gewalt“. https://www.globalresearch.ca/secret-war-how-us-uses-partnerships-proxy-forces-wage-war-under-radar/5803872


In den folgenden Jahren traten mehrere Personen an die Öffentlichkeit, die aus Gewissensgründen geheime Informationen weitergaben und damit Machtmissbrauch und Menschenrechtsverletzungen aufdeckten, sogenannte Whistleblower.


Einer dieser Whistleblower ist Daniel Hale, ein Whistleblower des US-Drohnenprogramms und einer der Protagonisten des Films National Bird. Hale stellte The Intercept Dokumente zur Verfügung, die belegen, dass die Mehrheit (im Falle der Operationen in Afghanistan sogar 90 %) der Menschen, die durch US-Luftangriffe im Rahmen des Drohnenprogramms getötet wurden, Zivilisten waren.
„...Hales Fall ist beispielhaft. Als Hale sich an The Intercept wandte, führten das Militär und die CIA bereits Drohnenangriffe in mehreren Ländern durch, darunter Afghanistan, Pakistan, Somalia, Jemen und Libyen. In öffentlichen Erklärungen [...] leugneten Regierungsvertreter, dass es überhaupt zivile Opfer gegeben hatte.“ Jameel Jaffer, Professor für Recht und Journalismus und geschäftsführender Direktor des Knight First Amendment Institute an der Columbia University.
https://www.newyorker.com/news/news-desk/the-espionage-act-and-a-growing-threat-to-press-freedom


Im Gegenzug wurden diese Whistleblower zunehmend mit dem Espionage Act, einem ohnehin umstrittenen Gesetz aus dem Jahr 1917, radikal verfolgt: 
Während alle vorherigen Regierungen zusammen nur drei Fälle zu verzeichnen haben, hat die Obama-Regierung acht Personen nach dem Espionage Act strafrechtlich verfolgt, weil sie geheime Informationen an die Medien weitergegeben haben. Trump und Biden setzten die Verfolgung von Whistleblowern nach dem Espionage Act fort. https://knightcolumbia.org/content/espionage-act-prosecutions-chart


Jesselyn Radack, eine ehemalige Ethik-Anwältin des US-Justizministeriums, die selbst zur Whistleblowerin wurde und später einige der berühmtesten Whistleblower juristisch vertrat, nannte dies einen „Krieg gegen den Journalismus durch die Hintertür“ https://www.vice.com/en/article/advice-for-whistleblowers-and-journalists-from-an-nsa-spy-and-snowdens-lawyer/


Im Jahr 2006 gründete der australische Journalist Julian Assange die Enthüllungsplattform WikiLeaks, auf der Whistleblower anonym Informationen im öffentlichen Interesse weitergeben konnten, und dabei selbst durch die Anonymität geschützt waren.
Assange wurde daraufhin jedoch selbst zur Zielscheibe unerbittlicher Verfolgung und der erste Verleger, der nach dem Espionage Act angeklagt wurde. Die USA verlangten seine Auslieferung und das Vereinigte Königreich, wo Assange zu dieser Zeit lebte, hielt ihn laut einer UN-Arbeitsgruppe jahrelang willkürlich in Haft. https://www.ohchr.org/en/news/2019/05/united-kingdom-working-group-arbitrary-detention-expresses-concern-about-assange
Nach 7 Jahren willkürlicher Inhaftierung in der ecuadorianischen Botschaft und 5 Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh ist Julian Assange seit dem 26. Juni 2024 endlich wieder ein freier Mann. Allerdings erlangte er seine Freiheit nur durch einen Deal, bei dem er sich in einem Punkt der Anklage schuldig bekannte: „Verschwörung mit einer Quelle, um Informationen zur nationalen Sicherheit zu erhalten und zu verbreiten“.
Die Frage, was das für die Pressefreiheit bedeutet, bleibt weiterhin offen.


Unsere Filmreihe beginnt mit „National Bird“ am 12. September, dem Tag nach dem Jahrestag der Anschläge vom 11. September, und endet mit „Free Speech Fear Free“ am 26. September, dem Tag, an dem Julian Assange vor genau drei Monaten seine Freiheit wiedererlangte.


Die anschließenden Diskussionen können im Foyer fortgesetzt werden und darüber hinaus auch
noch unten in der Bar. Wir freuen uns auf euch!

Termine

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